Verstehen Sie Trump?


    Die Stimme der KMU und der Wirtschaft


    (Bild: zVg) Henrique Schneider

    US-Präsident Donald Trump verändert in seiner zweiten Amtszeit grundlegend das politische System der USA und die internationale Ordnung. Gemeinsam mit Elon Musk setzt er auf Disruption – die radikale Zerstörung bestehender Strukturen, um neue Standards zu etablieren.

    Trump wird oft missverstanden, sowohl von seinen Gegnern als auch von konservativen und libertären Unterstützern. Viele erwarten, dass er frühere politische Ordnungen wie die Reagan-Ära oder ein effizienteres Staatswesen wiederherstellt. Doch Trumps Ziel ist grundlegend anders: Er will den tief verwurzelten Verwaltungsapparat, die etablierte Diplomatie und den regelbasierten internationalen Konsens aufbrechen. Seine populistische Rhetorik dient dabei nicht nur der Mobilisierung, sondern ist Ausdruck seines disruptiven Programms.

    Disruption als Strategie
    Disruption bedeutet mehr als blosse Veränderung oder Reform. Sie beschreibt einen radikalen Bruch mit bestehenden Normen und eine Neuordnung, die die alte Struktur unbrauchbar macht. Sie ist nicht blosses Chaos, sondern eine kreative Zerstörung, die das Alte durch das Neue ersetzt. In der Wirtschaft gibt es viele Beispiele: Smartphones haben klassische Mobiltelefone verdrängt, Tesla hat die Automobilindustrie revolutioniert, und digitale Plattformen wie Amazon oder Uber haben traditionelle Geschäftsmodelle überholt. Trump überträgt dieses Prinzip auf die Politik.

    Sein Ziel ist nicht, bestehende Institutionen anzupassen oder ineffiziente Bereiche zu reformieren. Vielmehr geht es ihm darum, das politische Establishment als Ganzes in Frage zu stellen. Seine Strategie basiert auf dem Verständnis, dass echte Disruption erst dann erfolgreich ist, wenn eine Rückkehr zum vorherigen Zustand unmöglich wird.

    Disruption in der Praxis
    Wo zeigen sich Trumps disruptive Praxis? Hier einige Beispiele:

    • Zerschlagung etablierter Institutionen: Er greift internationale Organisationen wie die NATO und die WTO an, um neue Machtverhältnisse zu schaffen. Handelsabkommen werden aufgekündigt oder neu verhandelt, ohne sich an bestehende diplomatische Gepflogenheiten zu halten.
    • Neudefinition politischer Kommunikation: Trump nutzt Social Media nicht nur als Kommunikationsmittel, sondern als Werkzeug der Disruption. Er umgeht traditionelle Medienkanäle, erschüttert deren Glaubwürdigkeit und etabliert seine eigene Informationsinfrastruktur.
    • Zerstörung des bisherigen Staatsmanagements: Durch Dekrete, unkonventionelle Entscheidungen und das gezielte Infragestellen der Bürokratie zwingt er die Verwaltung, sich seinen Methoden anzupassen oder an Relevanz zu verlieren.

    Der disruptive Deal
    Zentral in Trumps Strategie ist seine «Art of the Deal»-Philosophie. In seiner Sichtweise sind alle Vereinbarungen verhandelbar, selbst die Spielregeln dieser Verhandlungen. Disruptive Verhandler setzen darauf, zuerst das Verhandlungsterrain zu zerstören, um neue Bedingungen zu diktieren. Beispiele sind sein Ausstieg aus internationalen Abkommen oder seine unorthodoxen diplomatischen Methoden.

    Das Ausmass der Veränderung wird davon abhängen, was nach der Disruption entsteht. Drei Szenarien sind denkbar:

    • Disruption als Selbstzweck: In diesem Fall bleibt die Politik instabil, mit ständig wechselnden Strategien, impulsiven Entscheidungen und einer schwankenden internationalen Position. Diese chaotische Variante ist jedoch unwahrscheinlich, da auch Trump Stabilität für langfristige Erfolge benötigt.
    • Ein netzwerkbasierter US-Zentrismus: Die USA wären weiterhin global dominant, jedoch nicht durch klassische Allianzen, sondern durch lose Netzwerke von Staaten und Wirtschaftsakteuren, mit Trump und Musk als Schlüsselfiguren. Entscheidungen würden weniger über etablierte Institutionen als über informelle Verhandlungen fallen.
    • Nationalistisch-zentrierte US-Politik: In diesem Szenario setzt Trump auf eine aggressive Durchsetzung nationaler Interessen, auch in internationalen Organisationen. Anstelle formeller Bürokratien würden ergebnisorientierte Ad-hoc-Entscheidungen dominieren.
    • Unabhängig vom Szenario steht fest: Sollte Trump erfolgreich sein, werden künftige US-Präsidenten nicht einfach zu früheren Regierungsmodellen zurückkehren können. Seine disruptive Politik könnte die internationale Ordnung dauerhaft verändern.

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    Zur Person:
    Henrique Schneider ist Verleger der «Umwelt Zeitung». Der ausgebildete Ökonom befasst sich mit Umwelt und Energie aber auch mit Wirtschafts- und internationaler Politik.

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